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News Galerie Lilian Andree 2024

M A R I E  D R É A
Cahier. Rue Stein
17. März 2020 b i s 11. Mai 2020

Buch CHF 34.--

Sonderedition: Buch und Originalzeichnung CHF 420.--

Woher kommt das Wort Quarantäne? Bis vor einem halben Jahr wussten das die wenigsten – und noch weniger kannten die dazugehörige Erfahrung. Das hat sich unversehens geändert.
Früher mutmasste man, dass Schiffe die Pest an Bord haben konnten, wenn sie von weither kamen. Und so mussten sie – z.B. in Venedig – vierzig Tage warten, ehe sie in den Hafen einlaufen durften. Vierzig Tage? Im Elsass dauerte der‹Lockdown› dieses Fruühjahr länger: Es waren genau 56 Tage. Man durfte nur tausend Schritte tun, wenn man ausser Haus ging, und das auch nur mit Passierschein. Die Erfahrung der Isolation hat Marie Dréa zueiner Art künstlerischer Selbstbefragung genutzt. Wie einst Hieronymus im Gehäus sass sie am Tisch und zeichnete – um sich herum die Geister-Erscheinungen der Nachrichten und Gedanken.
Sie sagte sich: «Nulla dies sine linea», und schuf jeden Tag ein Blatt. Das ganze Spektrum zwischen ungläubiger Belustigung und dämonischer Angst ist darin – festgehalten mit einem präzisen Strich, der naiv tun kann, weil er schlechthin virtuos ist. Die Gegenstände des beschränkten Alltags erscheinen darin plötzlich im Lichte einer neuen Wichtigkeit. Unvermittelt stehen sie neben Assoziationen an Dürers «Melencolia» oder Goyas Zyklus vom «Schlaf der Vernunft, der Ungeheuer gebiert». Beim Blick auf die Wanduhr scheint die Zeit still zu stehen, und doch dringt über das Radio eine Inflation von Informationen herein – disparat, verstörend und grotesk.

Marie Dréa zeichnet all dies im Wortsinn auf, ohne dass sie sich vorschnell einen Reim auf das Ineinander von Bedrohung und Klosterruhe macht. Ihre Blätter bewahren deshalb nicht nur die Stimmung der Quarantäne, sondern reichen weit über die Zeit hinaus, als sich die Verhältnisse von Innen und Aussen so merkwürdig umgekehrt haben.
Entstanden ist so ein «Artist book», das die ungewohnte Beschränkung jener Tage konsequent auf die Gestaltung und Materialisierung überträgt. Und siehe da: Wenn der Minimalismus so gekonnt ist wie bei Marie Dréa, vermittelt er eine tiefere Erfahrung, als jede Opulenz es könnte.

Es ist eines der schönsten Bücher geworden, die NIMBUS je veröffentlichen durfte.